Tagebuch – jetzt vor 30 Jahren

So beschissen wie heute ging es mir, glaube ich, noch nicht gerade oft. Neben dem Gs-Ex, für welches ich kaum gelernt habe, geht auch in Sachen Konf-Week-End so ziemlich alles schief, was schief gehen kann! Ich brauche dringend eine Freundin, aber mit Simone ist es noch nicht soweit, ich weiss immer noch nicht, ob sie wirklich will. Ich sehe, dass mich schon «kleinere» Probleme völlig aus der Fassung bringen können, ich brauch jetzt eine Freundin, ich brauche jetzt Simone!

Naja, eigentlich ist es gestern gar nicht so schlecht gelaufen. Aber das «den Arm um sie legen» hat nicht so recht geklappt. Doch ich habe wenigstens gemerkt, dass sie nichts dagegen hätte.

In Sachen Anna ist es gut gelaufen am Freitag. Es überfiel mich nicht dieses Ohnmachtsgefühl wie sonst wenn ich sie sehe. Aber ob ich wirklich halbwegs geheilt bin, kommt erst im Konf-Ski-Week-End aus. Wenn die drei Prüfungen der nächsten Woche nicht wären, ginge ich fast schon gerne in die Schule… naja, fast!

In zehn Minuten gehe ich los. Ich bin so aufgeregt, ich gehe mit Simone ins Kino!

Eigentlich wäre das ja kein Problem, sie hat mir ja geschrieben, sie habe sich in mich verliebt, aber ich kann das irgendwo nicht glauben, warum sollte sich ein Mädchen wie sie, ja warum sollte sich überhaupt ein Mädchen, in mich verlieben? Schön wäre es ja! Hoffentlich läuft alles gut!

Heute hatten wir Konf. Ich liebe Anna, besser gesagt ihren Körper, ihr Gesicht. Sie ist unsagbar schön, really beautiful!

Aber vielleicht habe ich doch das richtige getan. Ich werde sie vergessen, auch wenn ich mir das jetzt nicht vorstellen kann. Doch dieses unglaubliche Gefühl, das ich spüre, wenn ich sie sehe, werde ich auch noch in 5, 10, 20 Jahren spüren.

Wenn das Franz-Ex morgen nicht wäre, wäre ich richtig glücklich. Ich habe zwar das Gefühl, dass ich es kann, aber ich habe kaum mehr als eine halbe Stunde gelernt.

Viel Glück!

Am Samstag habe ich «The Lion King» im Kino gesehen. Ein uuuuuuu-schöner Film. Als die romantische Szene kam, dachte ich nicht an Anna, sondern an Simone. Ein gutes Zeichen? Vielleicht habe ich doch das richtige getan? Es heisst ja, die Zeit heilt alle Wunden. Doch ich sehe morgen Anna wieder, wenn meine «Liebe» zu Simone diese Probe übersteht, ist sie vielleicht doch echt. Aber auch sonst, sobald ich Anna nicht mehr sehe, werde ich mich mehr und mehr von ihr lösen. Ich habe Simone eingeladen, nächsten Samstag wieder ins Kino zu gehen (Lion King schauen), sie hat zugesagt. Ich freue mich wie wahnsinnig auf diesen Abend.

Simone hat mir geschrieben! Sie habe sich auch in mich verliebt. Wenn das gut kommt, werde ich bald sehr viel glücklicher.

Schulanfang. Ich habe Basketball gespielt, so gut wie vorher erst selten, es war geeeiiiil!

Ich habe Simone wiedergesehen, sie trägt mein Geschenk. Sie ist hübsch, und nett, sehr nett! Aber ich habe einen Fehler gemacht, zumindest glaube ich das.

Cornelia hat mir vor dem Basketball gesagt, dass sie mir etwas sagen müsse. Simone schreibe mir jetzt auch einen Brief. Ich weiss nicht, was ich denken soll. Wenn sie mir etwas sagen muss, warum hat sie es mir dann nicht in dem Brief aus Arosa geschrieben?

Und: Wenn sie mir «es» sagen will, warum freue ich mich dann nicht? Jetzt kann ich es nicht mehr aufhalten, ich kann nichts anderes tun als hoffen, dass ich doch das richtige getan habe. Vielleicht…?…??!

Wir schreiben das Jahr 1995, 1. Januar, zwanzig vor 1 Uhr nachts.

Der letzte Eintrag ist noch nicht einmal eine Stunde her und ich fühle mich absolut beschissen.

Noch elfeinhalb Minuten, dann beginnt das Jahr 1995! Viele sagen: «Im nächsten Jahr wird alles anders.» Ich kann das nicht sagen, ich denke an Anna, aber ich denke auch an Simone, und ich weiss, dass ich in der Liebe den Verlauf der Geschichte auch im Jahr 1995 nicht steuern kann, schade eigentlich, aber vielleicht besser so! Na dann, prost und bis zum nächsten Jahr! Ich feiere im Gegensatz zu Leuten, die eine Freundin haben, Silvester wieder einmal mit Mam + Däd.

Warum war ich bloss an diesem Theater! Anna, sie ist wunderschön und ich bin in sie verliebt. Auch wenn ich morgen wieder etwas anderes schreibe. Immer wenn ich sie sehe, wird mir das bewusst, ich liebe sie. Ich liebe Simone auch, irgendwie, aber nur weil sie mir das gegeben hat, was ich so lange gesucht habe, sie war und ist mir eine Freundin. Aber ich hätte wissen müssen, dass das keine Liebe sein kann. Die Liebe zu Anna ist unfassbar und was ich selbst immer noch nicht kapiere: FOR EVER. Endlos!!!!